Gerichtsurteil zur potentiellen Strafbarkeit der Nutzung eines privaten, offenen WLANs – Auswirkungen auf Freifunk?

Wie Jens Ferner in seinem Blog berichtet, erging bereits 2007 ein Urteil über die potentielle Strafbarkeit bei Nutzung offener WLANs.

Erst jetzt wird ein Urteil des AG Wuppertal (22 Ds 70 Js 6906/06,
nachzulesen in NStZ 3/2008, Seite 161) bekannt, das das so genannte
Schwarz-Surfen unter Strafe gestellt hat. Das Besondere dabei:
Einerseits handelte es sich um ein unverschlüssltes WLAN, andererseits
wurden auch Datenschutzrechtliche Regelungen herangezogen. Das Urteil
verdient Beachtung wie Kritik. … Bei Konsequenter Anwendung dieses Urteils wäre schon jeder strafbar,
der nur mit einem WLAN-Client durch eine Stadt läuft und automaitisert
mitgeteilt bekommt, welche Netze sich in seiner Umgebung befinden. Im vorliegenden Fall ging es darüber zwar hinaus, muss aber selbst
bei einem einloggen kritisch betrachtet werden: So ist sicherlich keine
Pflicht eines jeden anzunehmen, sein WLAN zu verschlüsseln. Sofern er
aber bereitwillig seine SSID nach aussen bekannt gibt, also sein
Netzwerk quasi bewirbt, muss er sich dies meines Erachtens schon
entgegenhalten lassen, da ich hier sehr grosszügig die Begrifflichkeit
“für die Allgemeinheit” im §89 TKG auslege. Auch ist fraglich, ob die hier angewendete extensive Auslegung des Begriffs “Nachricht” wirklich angemessen ist…

Die Frage nun: Inwieweit könnte dieses Urteil Freifunker betreffen? Persönlich schätze ich das so ein, dass wir davon nicht betroffen sind. In einem kurzen Emailwechsel bestätigt dies auch Reto Mantz: "Richtig ist (soweit ich es auf den ersten Augenblick überblicke ohne
das intensiv zu prüfen): Freifunk betrifft das meines Erachtens nicht,
weil der "Schwarzsurfer" ja quasi aufgefordert wird und deshalb kein
Abhören etc. stattfindet."

Weitere Aufsätze, die sich mit dem Thema auseinander setzen sind:

1. Buermeyer, HRR 2004: http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/04-08/index.php3?seite=7 -> lehnt (nur kurzer Blick) §§ 88/89 TKG ab.
2. Bär, MMR 2005, 434, Bär nimmt die Haftung über §§ 88/89 i.V.m. § 148 TKG an und sagt auch, dass § 44 BDSG betroffen ist.
Reto Mantz: "Bär ist/war Richter am Amtsgericht Bayreuth und publiziert halbwegs regelmäßig in diesem Bereich, meistens in Verbindung mit Strafrecht."

Offene Netzwerke auch für Deutschland!

WOS4 am 15.09.2006 – Ins
Internet von überall — und das umsonst? Seit der Freigabe des so
genannten ISM-Bands zur öffentlichen, lizenz- und registrierungsfreien
Nutzung gibt es überall in der Republik eine wachsende Anzahl offener
WLAN-Accesspoints. Schon heute gelangt man in vielen Cafes und auf
öffentlichen Plätzen kostenlos und ohne weitere Zugangshürden per
wireless LAN (WLAN) ins Internet. Die WLAN-Technik bietet alle Chancen
dazu, in naher Zukunft in den Städten und Dörfern flächendeckend ins
Internet zu gelangen. Dazu müssten möglichst viele Privatpersonen ihre
Internet-Zugänge für alle öffnen. Diese Idee wird unter anderen von der
Initiative freifunk.net vorangetrieben.

Auch heute schon ist die
"digitale Nachbarschaftshilfe" eine sinnvolle Maßnahme zum Abbau der
"digitalen Spaltung". So gibt es in einigen Stadtteilen Berlins und in
vielen Regionen der neuen Bundesländer noch kein flächendeckendes DSL.
Privatpersonen, die ihren WLAN-Zugang öffentlich machen, können so
helfen, dass möglichst viele Menschen kostengünstig bzw. kostenlos ins
Internet kommen. Die Anzahl derer, die dabei ihren eigenen
Internetzugang anderen zur Verfügung stellen, steigt stetig.

Sowohl
die kurzfristige Sicherung der Internetversorgung durch digitale
Nachbarschaftshilfe als auch die Vision eines allgegenwärtigen, frei
verfügbaren Netzes sind jetzt allerdings hochgradig gefährdet. Während
in anderen Ländern ganze Städte und Kommunen derzeit offene Netze
aufbauen, besteht in Deutschland die Gefahr, auf lange Zeit an
kommerzielle Anbieter gefesselt zu sein und damit den Anschluss an das
Informationszeitalter zu verpassen. Besonders problematisch ist hier
ein Urteil, dass das Landgericht Hamburg kürzlich gefällt hat (AZ 308 O
407 / 06): Einer Frau, die ihren Accesspoint für die öffentliche
Nutzung freigegeben hat, wurde eine Mitschuld zugesprochen, da Dritte
über ihren Zugang Musikdateien getauscht hatten. In der Konsequenz
bringt dieses Urteil alle, die ihren WLAN-Zugang anderen öffentlich zur
Verfügung, in eine rechtliche Grauzone. Wer seinen Zugang nicht
zumacht, kann jederzeit zum "Mittäter" werden — ohne Rücksicht darauf,
dass eigentlich zwischen Infrastruktur und Inhaltsangebot unterschieden
werden müsste. Wer seinen Zugang wie vom Gericht gefordert
verschlüsselt — was auch keinen hundertprozentigen Schutz gegen einen
eventuellen Missbrauch der im Handel befindlichen Geräte gibt — macht
eine öffentliche Nutzung unmöglich. Und auch eine etwaige Registrierung
der User ist weder wünschenswert, noch technisch zumutbar, noch
wirklich sicher.

Damit bewirkt dieses Urteil eine erhebliche
Verunsicherung der hiesigen Bevölkerung. Wenn der Betrieb eines offenen
Accesspoints dazu führen kann, dass der Besitzer mit einer Abmahnung
oder Anzeige der Musikindustrie rechnen muss, dann ist das Projekt
eines sozialen, frei verfügbaren Netzzugangs in Deutschland
gescheitert. Digitale Nachbarschaftshilfe darf es dann nicht mehr geben.

Freie
Netzwerke müssen bleiben, wenn Deutschland nicht den Anschluss an das
Informationszeitalter verpassen möchte. Insbesondere wenn es um die
"digitale Spaltung", um sozial schwächer gestellte Menschen und dünn
besiedelte Regionen geht, reicht es nicht aus, diese Aufgabe
kommerziellen Anbietern von Internetzugängen zu überlassen.

Wir fordern deswegen:

   
* Eine rechtssichere Klärung der Angelegenheit — notfalls auch durch
eine Änderung des Gesetzesgrundlage –, die den besonderen Status
nicht-kommerzieller Diensteanbieter berücksichtigt und es auch in
Zukunft ermöglicht, den eigenen WLAN-Zugang öffentlich zugänglich zu
machen,

    * die unbedingte Umsetzung der bereits in § 6 TDG
und § 7 MDStV enthaltenen Gesetzestexte: "Diensteanbieter sind für
fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln
oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht
verantwortlich [sofern sie die Übermittlung nicht selbst veranlasst
haben usw.]."

    * die Öffnung zusätzlicher
Frequenzbänder  für die öffentliche und lizenzfreie Nutzung zur
Erhöhung der Bandbreite, Vergrößerung der Reichweite und Entfaltung von
mehr Innovation,

    * sowie die politische Unterstützung entsprechender Vernetzungsinitiativen wie freifunk.net.

Oder kurz gesagt: offene Netzwerke auch für Deutschland!

Erstunterstützer:

* Jürgen Neumann, freifunk.net
* Markus Beckedahl, Netzwerk Neue Medien / netzpolitik.org
* Volker Grassmuck, Wizards of OS
* Bob Horvitz, Stichting Open Spectrum
* Armin Medosch, Autor
* Malcolm J. Matson, The OPLAN Foundation

Im Namen des Volkes?

Betrifft: heise-online, Unverschlüsseltes WLAN hat Folgen

Woche
für Woche treffe ich auf Menschen, die keinen Zugang zum Internet
haben. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe: entweder gibt es dort kein
DSL oder sie können sich keinen eigenen Internetzugang leisten. Dank
WLAN, Linux und z.B. OLSR ist es möglich geworden, den Betroffenen zu
helfen. Wie, das ist Inhalt dieser Webseite und aller Aktivitäten von
freifunk.net.

Wer unserem Vorschlag folgend anderen seinen
Internetzugang zur Verfügung stellt, tut dies nicht, um die
Kriminalität zu fördern, sondern um konkret im lokalen Umfeld etwas
gegen die sogenannte digitale Spaltung zu unternehmen, um Menschen in
der Nachbarschaft einen Zugang zum Internet anzubieten,

Solche
offenen Netze können aber misbraucht werden, das liegt in der Natur der
Sache, Entweder ist ein Netz offen, also für andere auch anonym
zuganglich und in jeder Weise nutzbar, oder es ist es nicht, und damit
geschlossen, also nicht zugänglich.

Pseudosicherheit wie WEP bietet keinen Schutz, da der schwache Schlüssel
einfach geknackt werden kann. Und eine HOTSPOT-mäßige Registrierung der
User schützt nicht vor wirklich Kriminellen, die jederzeit die MAC-Adresse
und damit den Account eines anderen benutzen können.

Selbsternannte Hilfssheriffs, die die Datenpakete der Nachbarschaft
nach illegalen Inhalten durchsuchen und von der perfekten Firewall
träumen sind auch weder gewünscht (Datenschutz!) noch wirklich
erfolgreich, denn jedes gute Päckchen kann schließlich doch ein
schlechtes Päckchen sein (bei wirklich Kriminellen!).

Mehr Sicherheit kann es nur ohne Anonymität und mit derzeit erheblich teurerem technischem Aufwand geben, Doch das wollen wir bitte nicht!
Man soll auch in Zukunft seine Meinung sagen dürfen, ohne vorher seinen
Ausweis zeigen zu müssen und man sollte Zugang zu Wissen, Information
und Kommunikation haben, auch wenn man zu den weniger gut Betuchten
unter uns gehört.

Statt seine Zeit damit zu verschwenden oben
gesagtes immer wieder neu zu diskutieren sollte man lieber etwas
dagegen unternehmen, dass ein Gericht, wie hier in diesem Fall das
Landericht Hamburg, die Interessen der Musikindustrie verteitigt, statt
die Belange seines Volkes,

Wer heute kein Internet hat, dem
fehlt der Zugang zu Wissen, Information und Kommunikation. Doch während
in anderen Ländern der Welt der Staat dafür sorgt, dass die Bevölkerung
Zugang zum Internet erhält, bestraft er hier die, die anderen diesen
Zugang erst ermöglichen.

Natürlich ist ein WLAN kein
rechtsfreier Raum. Wer längere Zeit über den Zugang seines Nachbarn
illegale Daten versendet und empfängt, der kann natürlich auch
ermittelt werden, ist er doch ein Sender, der ebenso von den Behörden
empfangen und damit geortet werden kann – ganz besonders in einem
offenen Netzwerk.

Doch hier dachte man sich wohl, wozu den
Aufwand, wenn wir doch auch die Anschlusshalterin einfach haftbar
machen können. Die hat zwar vielleicht gar nichts Illegales getan, aber
immerhin hat sie nicht auf die Musikindutrie gehört und ihr Netzewerk
von einem Spezialisten dicht und damit für die anderen unbrauchbar
machen lassen.

Hier wird das Recht zu Unrecht !

Sicher
werden sich jetzt viele einschüchtern lassen und sich zwei Mal
überlegen, anderen ihren Anschluss zu Verfügung zu stellen. Aber so
kann und darf diese Geschichte nicht enden! Die hier erwähnte
Kriminalität (Filesharing!) ist nichts im Vergleich zu dem, was es
bedeutet, wenn Millionen Menschen keinen Zugang zu Wissen, Information
und Kommunikation haben.

Deshalb werde ich auch weiterhin Leuten
erklären, wie sie per WLAN Zugang zum Internet erhalten können und 
Menschen dazu ermutigen, anderen Ihren Anschluss zur Verfügung zu
stellen. Ich tue das, damit die Welt ein bißchen gerechter wird – auch
in meiner Nachbarschaft, wo es immer noch für viele kein DSL gibt.