Pressemitteilung: Pilotprojektförderung inkompatibel zu Freifunk

Thüringer Freifunker beteiligen sich nicht an Konzeptauswahlverfahren

Das vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft (TMWWDG) ausgeschriebene Konzeptauswahlverfahren “Pilotprojekt Freifunk in Thüringen” steht nicht im Einklang mit den Vorstellungen der Freifunker_innen. Die Freifunkcommunities aus Thüringen beteiligen sich deshalb nicht an diesem Auswahlverfahren. “Ich halte ein Modellprojekt zur Freifunkförderung für den völlig falschen Ansatz” sagt Andreas Bräu vom Weimarnetz e. V. “Weder wollen die Thüringer Freifunker_innen miteinander im Wettbewerb stehen, noch ist die auf eine Stadt konzentrierte Förderung eines Projekts sinnvoll.” Diese Form der Förderung enspricht nicht den Zielen des Koalitionsvertrags, in dem es heißt “Die  Koalition unterstützt bürgerschaftliches Engagement im Bereich des  Netzzugangs. Freifunkinitiativen in Thüringen sollen stärker gefördert und beraten werden”.

Nach Bekanntwerden der Unterstützung durch die Landesregierung haben sich die Thüringer Freifunkcommunities voller Enthusiasmus und Tatendrang an die Planung von Projekten gemacht. Die im Haushalt für 2015 eingeplanten Mittel sollten schließlich sinnvoll und nachhaltig eingesetzt werden. Mit der Ausschreibung des TMWWDG verband man die Hoffnung, ein Projekt für das gesamte Land Thüringen abzugeben. Doch in Gesprächen wurde mehrfach betont, dass diese Ausschreibung nur für die Förderung in einer Kommune gedacht ist. Idealerweise sollte dort noch kein Freifunk vorhanden sein. Freifunk ist in erster Linie eine durch verschiedene Menschen getragene Graswurzelbewegung. Mehrere Menschen finden sich vor Ort zusammen und vernetzen sich auf sozialer und technischer Ebene. Man stellt eigene Technik auf oder finanziert größere Installationen durch Spenden. Private Internetanschlüsse werden freigegeben, um einen Zugang zum Internet aus dem Freifunknetz zu haben. Ein weiteres wesentliches Ziel ist der Aufbau und die Weitergabe von Wissen über die Technik und Software. “Gern möchten wir auch Möglichkeiten für mobile Solarrouter untersuchen, um das Netz in entlegene Gebiete zu bringen, wo Strom und Internet Mangelware sind.”  erläutert Stephan Jauch vom Technikkultur in Erfurt e. V. “Doch leider schränkt die Ausschreibung das Projektziel zu stark ein.” Positive Effekte ergeben sich auch durch den Erfahrungsaustausch der Freifunk-Initiativen untereinander. “Die Erfahrungen in den verschiedenen Städten sind sehr unterschiedlich”, sagt  Robert Manigk von Freifunk Jena, “da ist ein regelmäßiger Austausch zwischen den Akteuren erforderlich.” Verschiedene Projektideen haben zum Ziel diesen thüringenweiten Austausch voranzutreiben und eine Konferenz in Thüringen auszurichten. Mit einer Strategie zur Öffentlichkeitsarbeit soll über die Freifunk-Idee und Technik aufgeklärt und für bürgerliches Engagement geworben werden.

Eine ideale Form der Unterstütung ist in den Augen der Freifunker eine Projektförderung in kleinerem finanziellen Rahmen, wie es sie schon bei anderen sozio-kulturellen Projekten gibt. Weiter sind Zugänge zu öffentlichen Gebäuden und eine Übernahme der Stromkosten erstrebenswert, um dort Installationen aufzubauen. 

Pressekontakt:

  • Andreas Bräu
  • Freifunk in Thüringen, c/o Weimarnetz e. V., Marienstr. 18, 99423 Weimar
  • Email: ab[at]andi95.de
  • Telefon: +49177/acht5456vier5 

Erstes Treffen mit den Netzpolitikerinnen von #r2g

Am Dienstag, dem 14.4. trafen sich die Thüringer Freifunker im Bytespeicher in Erfurt. Zu Gast waren die Netzpolitikerinnen (kein Binnen-I notwendig) der Linken und der Grünen, MdL Katharina König (Die Linke) und Madeleine Henfling (Bündnis 90/Die Grünen) sowie die Referentin der Parlamentarischen Geschäftsführung der Grünen im Landtag, Sandra Reda. Die Freifunker kamen von den Communities aus Jena, Weimar und Erfurt.

Ziel unseres Treffens war das gegenseitige Kennenlernen und zu erörtern, wie aus dem Freistaat Thüringen ein Freifunkstaat werden kann und wo es Möglichkeiten seitens der Landesregierung gibt, uns zu unterstützen. Nach einer Vorstellungsrunde haben wir unseren Gästen in einer kurzen Präsentation Freifunk und den aktuellen Stand in Thüringen vorgestellt:

Zentraler Punkt war natürlich der Koalitionsvertrag, in dem steht

Die Koalition unterstützt bürgerschaftliches Engagement im Bereich des Netzzugangs. Freifunkinitiativen in Thüringen sollen stärker gefördert und beraten werden. Ebenso werden die Kommunen bei Einrichtung öffentlicher WLAN-Netze unterstützt. Zur Herstellung von Rechtssicherheit setzt sich die Koalition auf Bundesebene für die Abschaffung der Störerhaftung für die privaten und kommunalen Anbieter freier Netzzugänge ein, wobei das Auferlegen von Datensammlungspflichten vermieden werden muss. Die Koalition wird ein Modellprojekt zum „Kommunalen WLAN“ und „WLAN im ÖPNV“ einrichten.

Im Moment ist es leider noch so, dass nicht feststeht, welches Ministerium definitiv für uns zuständig sein wird. In den nächsten Wochen soll sich das aber klären. Wir stehen an der Stelle gern zur Verfügung, den Verantwortlichen Freifunk vorzustellen und die Idee näher zu bringen.

Bei der Frage nach der Art der Förderung waren wir uns einig, dass eine rein finanzielle Förderung zu wenig ist. Zugang zu landeseigenen Gebäuden, verbunden mit der Übernahme von Strom- und Installationskosten sind an dieser Stelle viel wertvoller. Als weiterer wichtiger Punkt wurde gesehen, unsere Idee weiter im Land zu verbreiten und uns hierbei zu unterstützen. Daneben freuen wir uns auch sehr gern über politische Statements, die uns in unserem Kampf gegen Störerhaftung und Vorratsdatenspeicherung (aka Höchstspeicherfrist) und für Netzneutralität unterstützen.

Als weiteres wichtiges Anliegen sehen wir die Versorgung von Flüchtlingsunterkünften mit Internetzugang an. Das Internet als Grundversorgung und öffentliche Daseinsfürsorge muss selbstverständlich werden.

Unser Treffen war sehr angenehm und wir hoffen, dass das der Auftakt für eine fruchtbare weitere Zusammenarbeit ist. Es wären tolle Voraussetzungen, um Freifunk in Thüringen weiter auszubauen und neue Communities in anderen Städten und Gemeinden ins Leben zu rufen. Im Juni wird es das nächste Treffen geben. Bis dahin hat man sich hoffentlich die Frage der Zuständigkeit geklärt.